KI-Recht: 5 zentrale Risiken

Die Digitalisierung war nur der Anfang. Mit dem Einzug generativer Künstlicher Intelligenz – etwa durch Tools wie ChatGPT, Midjourney oder DALL·E – befindet sich das Marketing erneut im Wandel. Inhalte lassen sich in Sekundenschnelle generieren, Visualisierungen entstehen per Knopfdruck, Zielgruppenansprache wird automatisiert und skaliert.

Doch während sich viele auf Effizienzgewinne konzentrieren, wird ein wesentlicher Aspekt häufig übersehen: Der Einsatz von KI bewegt sich nicht im rechtsfreien Raum.

Gerade im Marketing, wo täglich Inhalte veröffentlicht und Daten verarbeitet werden, ist rechtliche Sorgfalt unerlässlich. Diese fünf Aspekte sollten Unternehmen beim professionellen Umgang mit Künstlicher Intelligenz unbedingt beachten:

1. Datenschutz beginnt beim Prompt

Ein häufiger Fehler besteht darin, personenbezogene oder sensible Unternehmensdaten in KI-Prompts einzugeben, etwa Namen, E-Mail-Adressen oder vertrauliche interne Informationen. Dies ist datenschutzrechtlich höchst problematisch. Viele gängige KI-Tools, insbesondere frei zugängliche Versionen, erfüllen die Anforderungen der DSGVO nicht.

Beispiel

OpenAI bietet einen Auftragsverarbeitungsvertrag nur im Rahmen kostenpflichtiger API-Lösungen, nicht jedoch bei der Nutzung von ChatGPT im Browser.

Empfehlung

Verzichten Sie grundsätzlich auf die Eingabe sensibler Daten in Prompts. Nutzen Sie alternativ europäische oder lokale KI-Anwendungen mit DSGVO-konformer Infrastruktur und anonymisieren Sie Informationen im Vorfeld.

2. Inhalte NICHT ungeprüft übernehmen

Texte, Bilder und Code, welche durch KI generiert werden, sind nicht automatisch rechtlich einwandfrei. Häufig enthalten sie ungenaue oder sogar fehlerhafte Aussagen, die ggfs. auch zu juristischen Konsequenzen führen können, insbesondere im Zusammenhang mit:

  • Gesundheitsbezogenen Aussagen („Health Claims“)
  • Umweltversprechen („Green Claims“)
  • Aussagen mit Alleinstellungsmerkmalen („Marktführer“, „Nr. 1“)

Beispiele

  • „Dieses Supplement stärkt das Immunsystem“ → Verboten ohne wissenschaftlichen Nachweis
  • „Seit 2021 produzieren wir klimaneutral“ → Unzulässig ohne belegbare Nachweise
  • „Die Nr. 1 im Markt“ → Abmahnfähig, wenn nicht objektiv belegt

Empfehlung

Jeder durch KI generierte Inhalt sollte vor Veröffentlichung sorgfältig geprüft und rechtlich bewertet werden, idealerweise im Vier-Augen-Prinzip.

3. Bildrechte und Lizenzbedingungen beachten

KI-basierte Bildgeneratoren wie Midjourney oder DALL·E erstellen beeindruckende Visualisierungen. Dennoch sind viele dieser Tools lizenzrechtlich eingeschränkt. So ist die kommerzielle Nutzung häufig nur in Verbindung mit kostenpflichtigen Lizenzen gestattet. Darüber hinaus ist die stilistische Nachbildung urheberrechtlich geschützter Werke, Marken oder Personen problematisch bzw. potenziell abmahnfähig.

Empfehlung

Prüfen Sie die Lizenzbedingungen der verwendeten Tools genau. Vermeiden Sie die Nutzung von KI-generierten Bildern, wenn Unsicherheiten über die Rechtslage bestehen oder eine kommerzielle Lizenz fehlt.

4. Rechtliche Verantwortung bleibt beim Menschen

Rechtlich gesehen trägt stets der Mensch bzw. das veröffentlichende Unternehmen die Verantwortung für Inhalte, die durch KI erstellt wurden. Eine Berufung auf die KI á la „Das hat ChatGPT vorgeschlagen.“ entbindet nicht von der Haftung. Dies gilt sowohl für interne Publikationen als auch für Inhalte, die im Auftrag von Kund*innen erstellt werden.

Empfehlung

Etablieren Sie klare Zuständigkeiten, interne Prüfprozesse und – bei Agenturleistungen – vertragliche Regelungen zur Haftung und Qualitätssicherung.

5. Der AI Act schafft klare rechtliche Rahmenbedingungen

Mit dem AI Act der Europäischen Union wurden erstmals verbindliche Regeln für die Nutzung von Künstlicher Intelligenz geschaffen. Die Verordnung klassifiziert KI-Anwendungen nach Risikostufen und definiert entsprechende Pflichten – von der Risikoabschätzung über Dokumentationsanforderungen bis hin zu Schulungspflichten. Auch Marketing-Tools (z. B. Chatbots, Targeting, Content-Automatisierung) können unter diese Regelungen fallen.

Empfehlung

Prüfen Sie intern, in welchen Bereichen KI eingesetzt wird. Entwickeln Sie verbindliche Richtlinien für die Anwendung und dokumentieren Sie Prozesse zur Risikobewertung und Kontrolle.

Künstliche Intelligenz bietet enormes Potenzial (für das Marketing) – von Effizienzsteigerung über Personalisierung bis hin zur kreativen Unterstützung. Damit dieses Potenzial rechtssicher und nachhaltig ausgeschöpft werden kann, sind klare Prozesse, bewusste Verantwortlichkeiten und juristische Sensibilität erforderlich. Nur wer KI mit Augenmaß und fundiertem Wissen einsetzt, kann ihre Vorteile voll ausschöpfen, ohne sich rechtlichen Risiken auszusetzen.